24. Mai 2024

Bank fordert Erbschein: Darf sie das?

Verstirbt ein Kontoinhaber, fordern viele Banken von den Erben immer noch in vielen Fällen einen Erbschein. Dabei sind sie dazu meistens gar nicht berechtigt. Die Vorlage des Erbscheins dürfen sie nur dann fordern, wenn die Erbenstellung zweifelhaft ist. In allen anderen Fällen verzögern sie damit nur die Abwicklung des Nachlasses und produzieren unnötige Kosten für die Erben.

Deshalb erklärte der Bundesgerichtshof 2013 eine Klausel in den AGB einer Sparkasse für unwirksam, laut der Verfügungen über Nachlasskonten grundsätzlich von der Vorlage eines Erbscheins abhängig waren (Az.: XI ZR 401/12). Nach den gesetzlichen Vorschriften sei ein Erbe nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen. Es existiere zudem keine Regelung, die eine Bank dazu berechtige, ihre Leistung von der Vorlage eines Erbscheins abhängig zu machen. Gemäß BGH-Rechtsprechung dürfen Banken also nur in begründeten Zweifelsfällen einen Erbschein fordern.

Notarielles Testament – kein Erbschein nötig

Am einfachsten haben es Erben, wenn ein notarielles Testament vorliegt, das den oder die Erben klar benennt. Doch auch dann gibt es keine Garantie, dass bei der Bank alles problemlos läuft. In der Praxis gibt es immer wieder besondere Szenarien, in denen Banken trotz Testament einen Erbschein fordern. Zum Beispiel wenn Ehepaare in einem notariellen Testament ursprünglich verfügt haben, dass nach dem Tod des Erstversterbenden kein vom Testament abweichender Schlusserbe eingesetzt werden darf. Verfasst der überlebende Partner nach dem Tod des Ehepartners dennoch ein neues Testament und setzt darin eine andere Person als Erben ein, ist das unwirksam. In solchen Fällen darf die Bank nicht wegen einer unklaren Erbensituation auf einen Erbschein bestehen, sondern hat das ursprüngliche Testament zu beachten.

Handschriftliches Testament – unter gewissen Voraussetzungen ausreichend

Liegt lediglich ein handschriftliches Testament vor, an dessen Wirksamkeit jedoch keine Zweifel bestehen und welches den oder die Erben eindeutig benennt, muss die Bank die Konten des Erblassers freigeben. Doch viele Banken bestehen dennoch auf einen Erbschein und verweisen darauf, dass bei einem handschriftlichen Testament die Gefahr einer Fälschung besteht. Doch auch das hat der Bundesgerichtshof im April 2016 für unrechtmäßig erklärt. Bestehe eine Bank trotz eines eindeutig wirksamen, handschriftlichen Testaments auf einen Erbschein, muss sie den Erben die unnötigen Kosten für dessen Beantragung ersetzen (Az.: XI ZR 440/15).

Kein Testament – hier darf die Bank einen Erbschein fordern

Liegt weder ein notarielles noch ein handschriftliches Testament des Kontoinhabers vor, greift die gesetzliche Erbfolge. Diese sieht vor, dass neben dem Ehepartner des Erblassers seine Kinder zu gleichen Teilen erben. Gibt es keine Kinder, treten die Eltern des Verstorbenen oder, wenn diese bereits verstorben sind, die Geschwister bzw. Nichten und Neffen an deren Stelle. Liegt kein Testament vor, darf die Bank also die Vorlage eines Erbscheins fordern, denn bei der gesetzlichen Erbfolge müssen die Erben zunächst festgestellt werden.

Obwohl die BGH-Rechtsprechung der grundsätzlichen Forderung der Banken nach einem Erbschein einen Riegel vorgeschoben hat, kommt dies in der Praxis immer wieder vor – auch wenn ein wirksames Testament vorliegt. Das sollten Sie als Erben keinesfalls einfach hinnehmen. In der Anwaltskanzlei Lenné beraten und vertreten wir Sie, wenn Sie Ärger bei der Nachlassabwicklung mit der Bank haben. Nutzen Sie einfach die kostenlose Erstberatung in unserer Kanzlei.

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

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