07. Mai 2024

Dürfen Arbeitgeber eine Anwesenheitsprämie auszahlen?

2023 waren die Fehlzeiten von Angestellten so hoch wie nie. Laut aktuellen Studien waren Mitarbeiter durchschnittlich 20 Tage krankgeschrieben. Mit Anwesenheitsprämien versuchen viele Unternehmen nun, die Fehlzeiten zu reduzieren und Kosten zu sparen.

Es werden dabei Mitarbeiter finanziell belohnt, die immer anwesend oder nur sehr selten krank sind. So soll ein Anreiz für die Angestellten geschaffen werden, sich nicht gleich über einen längeren Zeitraum krankschreiben zu lassen, wenn sie nicht wirklich ernsthaft krank sind. Auch das „Krankfeiern“ vor oder nach dem Wochenende soll so unattraktiver werden.

Ist die Anwesenheitsprämie gesetzlich überhaupt erlaubt?

Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber Angestellte finanziell belohnen, die selten oder nie fehlen. So enthält das Entgeltfortzahlungsgesetz eine gesetzliche Regelung dazu, in welchem Umfang Sondervergütungen wie die Anwesenheitsprämie im Krankheitsfall gekürzt werden dürfen. Daraus folgt, dass solche Prämien grundsätzlich erlaubt sind.

Es gibt Bedenken, Anwesenheitsprämien würden möglicherweise solche Mitarbeiter diskriminieren, die chronisch krank sind. Allerdings profitieren chronisch Kranke wiederum von der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Mitarbeiter finanziell zu belohnen, die niemals Fehltage haben und dabei auch noch die Arbeit der kranken Kollegen übernehmen müssen, dürfte hier also eher als Ausgleich betrachtet werden.

Ob und welcher Form eine Prämie, die das Nicht-Kranksein belohnt, allen Mitarbeitern gegenüber fair ist, muss daher jedes Unternehmen für sich beantworten. Rechtlich zulässig ist die Anwesenheitsprämie jedoch.

Auszahlung der Anwesenheitsprämie

Wie genau eine solche Anwesenheitsprämie ausbezahlt wird, kann von Unternehmen zu Unternehmen variieren. Es gibt allerdings drei Modelle, zwischen denen üblicherweise gewählt wird.

  1. Die Prämie wird jeweils am Ende des Jahres ausgezahlt. Es wird dabei eine bestimmte Summe festgesetzt, die sich pro Fehltag um einen gewissen Betrag reduziert.
  2. Die Prämie wird jeweils am Ende des Jahres ausgezahlt. Es wird eine bestimmte Summe festgesetzt, die sich pro Monat, in dem ein Mitarbeiter krank war, um ein Zwölftel reduziert.
  3. Die Prämie wird monatlich ausbezahlt. Dabei erhält der Angestellte für jeden Monat, in dem er nicht krank war, einen Bonus.

Höhe der Prämie und der Kürzung je Fehltag

Gesetzlich gibt es keine Höchstgrenze für eine Anwesenheitsprämie. Der Arbeitgeber darf also selber entscheiden, in welcher Höhe er Angestellte belohnen möchte, die immer anwesend sind.

Die Kürzung der Prämie hingegen darf laut Paragraf 4a Entgeltfortzahlungsgesetz für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit infolge von Krankheit ein Viertel des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, nicht überschreiten. Dementsprechend muss das Jahresbruttoentgelt durch die Zahl der Arbeitstage und anschließend durch vier geteilt werden, um den maximal zulässigen Kürzungsbetrag zu berechnen.

Anwesenheitsprämie und Steuern

Wie Boni im Allgemeinen ist auch die Anwesenheitsprämie als Bestandteil des normalen Entgelts anzusehen. Dementsprechend werden auf die Anwesenheitsprämie die üblichen Steuern und Sozialabgaben fällig. Eine Ausnahme besteht dann, wenn der Angestellte durch die Anwesenheitsprämie mit seinem Jahresentgelt über die Beitragsbemessungsgrenzen der gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung kommt. In dem Fall ist der Betrag, der über Beitragsbemessungsgrenze liegt, sozialabgabenfrei.

Steuerfrei ist die Prämie nur, wenn der Arbeitgeber sie monatlich als sog. Sachbezug ausschüttet, zum Beispiel in Form eines Gutscheins. Der Wert des Sachbezugs darf jedoch die gesetzliche Freigrenze nicht überschreiten, ansonsten ist die gesamte Prämie zu versteuern.

Vertragliche Regelung

Will der Arbeiter eine Anwesenheitsprämie auszahlen, muss er dies schriftlich festhalten. Dabei gibt es je nach Unternehmen verschiedene Kriterien, die es zu beachten gilt. Gibt es beispielsweise einen Tarifvertrag, der eine Anwesenheitsprämie regelt, muss sich der Arbeitgeber auch an diese Vorgaben halten.

Ist das Unternehmen an keinen Tarifvertrag gebunden, hat aber einen Betriebsrat, ist die Anwesenheitsprämie über eine Betriebsvereinbarung zu regeln. Da eine solche Prämie die sog. betrieblichen Entlohnungsgrundsätze betrifft, muss der Betriebsrat immer einbezogen werden, wenn eine Anwesenheitsprämie eingeführt oder abgeändert werden soll.

Unternehmen ohne Tarifvertrag oder Betriebsrat können die Anwesenheitsprämie einfach über den Arbeitsvertrag regeln.

Macht eine Anwesenheitsprämie überhaupt Sinn?

Unter Arbeitsrechtlern wird der Nutzen der Anwesenheitsprämie intensiv diskutiert. So haben Studien gezeigt, dass die Einführung einer solchen Prämie sogar das Gegenteil bewirken und zu mehr Krankheitstagen führen kann. Neben der Anwesenheitsprämie gibt es für Arbeitgeber noch andere Möglichkeiten, um zuverlässige Mitarbeiter, die wenig fehlen und gute Arbeit leisten, zu belohnen und zu motivieren – etwa in Form von individuellen Boni oder Erfolgsprämien.

Unabhängig davon, in welcher Form ein Bonus oder eine Prämie zur Anwendung kommen soll, wichtig ist, dass sie vertraglich genau fixiert wird und den Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes entspricht. In der Anwaltskanzlei Lenné beraten wir Arbeitgeber in solchen Themen und helfen dabei, die Regelungen gesetzeskonform zu fixieren und umzusetzen. Gerne beraten wir Sie dazu in einem unverbindlichen Erstgespräch.

von Martina Bergmann
Martina Bergmann

Angestellte Rechtsanwältin

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