12. Juli 2024

Lang erwartetes BGH-Urteil: Zinsnachzahlungen für Sparkassen-Kunden

Sparkassen haben Prämiensparern zu wenig Zinsen gezahlt. Das bestätigte der Bundesgerichtshof in gleich zwei Musterfeststellungsklagen und legte darüber hinaus fest, wie die Zinsen neu berechnet werden müssen. Prämiensparer sollten jetzt Zinsnachzahlungen anfordern. Die Sparkassen sind dann verpflichtet, die Zinsen neu zu berechnen.

Verbraucherschützer fordern in Musterklagen Zinsneuberechnung

Geklagt hatte jeweils die Verbraucherzentrale, einmal gegen die Saalesparkasse und einmal gegen die Ostsächsische Sparkasse Dresden. In den beiden Musterfeststellungsklagen hatten die Verbraucherschützer sog. Prämiensparverträge moniert, die die beklagten Sparkassen zwischen 1993 und Juli 2010 abgeschlossen hatten. Die Verträge sahen neben einer variablen Verzinsung der Spareinlage auch eine gestaffelte verzinsliche Prämie vor. Diese sollte beispielsweise bei vielen dieser Verträge nach 15 Jahren bis zu 50 Prozent auf die Jahressparrate betragen.

Die klagenden Verbraucherschützer hielten die Zinsklauseln zur Anpassung des variablen Zinssatzes in den Sparverträgen jedoch für unwirksam, da sie keine transparente Regelung zur Zinshöhe boten. Diese sollte einfach durch einen Aushang seitens der Sparkassen bekanntgegeben werden. Außerdem warfen sie den Sparkassen vor, die Zinsen jahrelang zu niedrig berechnet zu haben. In den Musterfeststellungsklagen forderten sie daher u. a. die Bestimmung eines Referenzzinses, der für die vorzunehmenden Zinsanpassungen maßgeblich sein sollte.

OLGs lehnten Vorschlag der Verbraucherzentrale zur Zinsberechnung ab

Konkret forderten die Musterkläger, einen Zinsdurchschnitt von Hypothekenpfandbriefen mit einer Laufzeit von zehn Jahren als Referenz zu nutzen. Um der langen Laufzeit der Prämiensparverträge gerecht zu werden, schlugen die Verbraucherschützer eine Mittelung der Monatswerte über zehn Jahre vor.

Die betreffenden Oberlandesgerichte hatten diese Berechnungsgrundlage jedoch in den vorherigen Instanzen abgelehnt und sich für eine andere Methode entschieden, nach der die Nachzahlungsansprüche der Sparer niedriger ausfielen. Diese Berechnungsgrundlage sah vor, die Zinsanpassungen in den Sparverträgen auf Grundlage der Umlaufsrenditen börsennotierter Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von über 8 bis 15 Jahren vorzunehmen – und zwar jeweils mit dem aktuellen Monatswert.

Die Verbraucherzentrale wollte allerdings die höheren Nachzahlungsansprüche für Sparer durchsetzen und ging gegen die OLG-Urteile in Revision. Am 09.07.2024 hat nun der BGH beide Revisionen (Az.: XI ZR 44/23 und XI ZR 40/23) abgewiesen.  

BGH legt Berechnungsgrundlage für variable Verzinsung der Spareinlagen fest

Das oberste deutsche Gericht bestätigte zwar, dass die Zinsanpassungsklauseln in den Prämiensparverträgen unwirksam sind und dass die sich daraus ergebende Regelungslücke durch ergänzende Vertragsauslegungen nach §§ 133, 157 BGB geschlossen werden müsse. Die Auffassung der beiden OLGs, dass der zu bestimmende Referenzzins nicht anhand von gleitenden Durchschnitten zu berechnen sei, bestätigte der BGH allerdings als rechtsfehlerfrei.

Beide OLG seien zutreffend davon ausgegangen, dass die Umlaufsrenditen von Hypothekenpfandbriefen als Referenzzins für die variable Verzinsung risikoloser Spareinlagen nicht geeignet wären. Ein gleitender Durchschnitt sei nicht angemessen, da in dem Fall direkt nach Vertragsabschluss auch ein Zinsniveau aus der Vergangenheit einfließe. Sparer würden jedoch den angebotenen Zins mit dem aktuellen durchschnittlichen Marktzins vergleichen. Der BGH schloss sich in diesem Punkt der Auffassung der Oberlandesgerichte an und stufte den auf Bundeswertpapiere bezogenen Referenzzins als passender ein. Denn im Gegensatz zu Hypothekenpfandbriefen sei hier keinerlei Risikoaufschlag beim Zins enthalten. Verbraucher, die Sparverträge dieser Art abschließen, würden für gewöhnlich keine Risikobereitschaft an den Tag legen, so die Richter. Daher dürfe der im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung zu bestimmende Referenzzins auch keinen Risikoaufschlag enthalten.

Sparkassen müssen Zinsen neu berechnen und Nachzahlungen leisten

Zwar liegen die auf dieser Grundlage zu berechnenden Nachzahlungen, je nach Bank und Vertrag, zwischen 30 und 70 Prozent unterhalb der Beträge, die sich aus der von den Verbraucherschützern geforderten Methode ergeben würden. Allerdings hat das jahrelange Warten der Sparer nun endlich ein Ende und sie können ihre Bank in die Pflicht nehmen.

Vom Beschluss des BGH profitieren zunächst unmittelbar Sparer, die sich an den Musterfeststellungsklagen beteiligt haben. Grundsätzlich können aber alle Sparkassen-Kunden auf Zinsnachzahlungen hoffen, deren Prämiensparverträge entweder noch laufen oder aber erst in den letzten drei Jahren beendet wurden. Ansprüche aus Verträgen, die vor mehr als drei Jahren beendet wurden, sind in der Regel verjährt.

Sparer, die sich keiner Musterklage angeschlossen haben, können sich auf die beiden aktuellen sowie früher ergangene BGH-Urteile berufen und ihre Sparkasse auffordern, die Zinsen des Sparvertrags neu zu berechnen. In der Anwaltskanzlei Lenné stehen wir Ihnen dabei gerne zur Seite und setzen Ihre Ansprüche gegenüber der Bank durch, um Ihnen die Zinsnachzahlung zu sichern. Lassen Sie sich hierzu im Rahmen eines kostenlosen Erstgesprächs von uns beraten.

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

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